Donnerstag, 11. August 2011

Die Berliner Mauer - 1973

Es war im Frühsommer 1973. Als Abschlussfahrt der Höheren Handelsschule flog unsere Klasse ab Hannover Langenhagen nach Westberlin. Wir nahmen das Flugzeug, weil wir zwei Mitschüler hatten, deren Väter Soldaten bei der Bundeswehr waren. So brauchten wir nicht mit Bus oder Bahn durch die DDR fahren und ersparten uns die Grenzkontrollen. Es flogen nur amerikanische, britische und französische Fluglinien entweder nach Berlin Tempelhof oder Berlin Tegel.

Wir nahmen damals eine Boing 707 der PAN AM. Vorher wurden wir vom Bundesgrenzschutz gefilzt. Per Hand tastete der Bundespolizist meinen Körper ab. Gott sei dank hatte ich mein schweizer Messer nicht in der Hosentasche. Sonst hätte ich es in Langenhagen abgeben müssen. Es war ja die Zeit des Terrors der Roten Armeefraktion und der militanten Palästineser. Wir waren fünfzehn Mädchen, fünf Jungen zwischen 17 und 18, sowie der Lehrer mit seiner Frau als weibliche Begleitperson.

Unsere Klassenfahrt dauerte eine knappe Woche. Das markanteste Bauwerk war die Berliner Mauer. Damals stand sie schon fast zwölf Jahre. Unsere Unterkunft war das DRK-Jugendgästehaus in Kreuzberg. Nur zwei Seitenstraßen von der Mauer entfernt. Wie brutal die Grenzanlage gesichert war, konnten wir am ehemaligen Potsdamer Platz sehen. Im Westen vor der Mauer war eine Aussichtsplattform aufgebaut. So konnte man über die Mauer schauen. Der Blick in den Osten war trostlos. Direkt hinter der Mauer war Stacheldraht und ein Weg für die DDR-Grenztruppen. Hundert Meter weiter war ein hoher Metallzaun aufgebaut. Dann tauchten die ersten grauen Mietshäuser auf. Dieses Stück Berlins sah aus wie nach dem zweiten Weltkrieg. Vor dem Krieg war der Potsdamer Platz ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt unserer Hauptstadt. - Seit Anfang der neuziger Jahre ist er wieder ein wichtiges Zentrum in Berlin Mitte.

Damals waren wir auch einen Tag in Ostberlin, der "Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik", kurz DDR. Für den Besuch musste ich mir extra einen Reisepass im Einwohnermeldeamt Bremerhaven holen. Der hat glaube ich 30 DM gekostet. Als wir über den Grenzposten "Friedrichstraße" in die sozialistische Republik einreisten, musste ich 5 DM Visagebühr und 5 DM Zwangsumtausch bezahlen. 5 Westmark für 5 Ostmark. Der Tag in der DDR-Hauptstadt war preiswert. Die Fahrt mit der Straßenbahn zum Pergamon-Museum kostete nur 10 Pfennig. Sie dauerte ca. 30 Minuten. An jeder Haltestelle stand die Bahn gut 10 Minuten. Es waren drei Stationen. Da wären wir besser zu Fuß gelaufen.

Das Pergamon Museum war überwältigend. Besonders gefiel mir das babylonische Ischtar-Tor. Nun ja, ich habe ein Faible für kräftiges Blau. Der Einritt kostete eine Ostmark. Anschließend gingen wir zum Alexanderplatz. Eigentlich wollte unsere Klasse auf den Fernsehturm. Auf einer Höhe von 204 Meter einen Blick über ganz Berlin erhaschen. Aber die Schlange war uns zu lang. Wir gingen ins Kaufhaus "Centrum" und sahen uns an was Konsumgüter in der DDR kosteten. Der Farbfernseher kostete ca. 6000 Ostmark. Das gleiche DDR-Gerät kostete in der kapitalistischen BRD unter 1000 DM. Und dann fand ich meine wasserdichte Anker-Uhr. Im Merkur-Kaufhaus in Bremerhaven-Geestemünde hatte ich 19 DM 95 bezahlt. Dieses DDR-Qualitätsprodukt kostete in der DDR-Hauptstadt fast 70 Ostmark. Eine Uhr, die ich jeden Tag per Hand aufziehen musste.

Mittags gingen wir am "Alex" in ein Restaurant. Der Kellner war ein wenig muffelig. Aber das Essen war preiswert. 1 DDR-Mark 50 für ein Wiener Schnitzel mit Soße und Salzkartoffeln und 50 DDR-Pfennig für einen halben Liter Bier.

Das war mein Tag in der Hauptstadt der DDR vor 38 Jahren. Die Mauer in Berlin und die Grenze mitten durch Deutschland hat mich immer bedrückt. Diese vielen Opfer in über 28 Jahren. Völlig sinnlos!

1 Kommentar:

  1. Hallo Holger,

    ich habe "die Mauer" immer nur von den Bildern im Fernsehen und oder in anderen Medien gekannt. Erst als ich im letzten Jahr zur Anti-Atom-Demo in Berlin war, habe ich gegenüber vom Busparkplatz einige hundert Meter vom einem stehengelassenen Rest der Mauer in der Realität gesehen. Ich finde es gut und richtig, wenn diese Teile erhalten bleiben. Die Erinnerung an diese Zeit muss erhalten bleiben. Sie gehört, ebenso wie die beiden Weltkriege, zur Geschichte unseres Landes und sie ist auch ein wichtiger Teil der Weltgeschichte dieser Epoche.

    Gruß,
    Jürgen

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